Inclusive Leadership ist Führungsaufgabe - Ein Gespräch mit Prof. Nora Bilz

Vielfalt im Unternehmen entsteht schnell, wenn verschiedene Altersgruppen, Geschlechter und Lebensrealitäten aufeinandertreffen.
Doch Vielfalt allein, schafft noch keinen Mehrwert. Erst Führung, die sie bewusst steuert, hebt ihr Potenzial.

„Vielfalt ohne Inklusion bleibt wirkungslos“, sagt Nora Bilz, Head of German Office bei myAbility. Im Gespräch erklärt die Professorin, warum inklusive Führung der Schlüssel für Innovation, Mitarbeiter:innenbindung und nachhaltigen Erfolg ist. Zugleich macht sie deutlich, dass genau das Führungsaufgabe ist. 

Warum braucht es inklusive Führung?

„Vielfalt kann man haben, aber das allein bedeutet noch keine Innovationskultur“, erklärt Nora. „Nur Leader, die aktiv Barrieren abbauen und Räume für Teilhabe schaffen, können das volle Potenzial ihrer Teams entfalten.“ 

Inklusive Führung bedeutet, dass sich alle Mitarbeitenden gehört fühlen und ihr Potenzial einbringen können - ausdrücklich auch Kolleg:innen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen. Das stärkt Innovation, reduziert Risiken und macht Unternehmen robuster. Gerade jetzt zählt das: Chronische Erkrankungen und Behinderungen prägen die Arbeitswelt zunehmend, wie Gesundheits- und Bevölkerungsdaten aus Deutschland und Österreich zeigen (RKI 2021, Statistik Austria 2024). Gleichzeitig bleibt die Bindung von Mitarbeitenden laut Gallup Engagement Index 2024 niedrig.
Unternehmen, die Inklusion strategisch in ihre Führungskultur integrieren, positionieren sich zudem attraktiver und zukunftssicher für Bewerbende.  

Ungeführte Vielfalt erzeugt Reibung und vermeidbare Kosten. Wer Inklusion in einfache Routinen übersetzt – transparente Meetings, barrierearme Tools, flexible Arbeitsweisen, klare Feedbackwege – senkt Fehlzeiten, bindet Talente und gewinnt Tempo im Alltag. „Wenn Menschen sich zugehörig fühlen, bleiben sie. Das ist nachhaltiges Personalmanagement.“ 

myAbility bietet Führungskräften, die lernen möchten, wie sie Inklusion im Alltag leben können, ein Fachtraining zum Thema Inclusive Leadership an. 

Inklusive Führung ist Managementaufgabe

  • Portrait von Nora Bilz, sie trägt kurzes braunes Haar. Nora trägt ein schwarzes Hemd.

    Prof. Nora Bilz (she/her): „Führung unterscheidet, wer teilhaben kann und wer nicht. Jede Führungskraft gestaltet durch Sprache, Entscheidungen und Routinen, wer Raum bekommt und wer außen vor bleibt."

Inklusiv zu führen bedeutet, Barrieren aktiv abzubauen im Kopf, im Team und in Prozessen. Das beginnt bei Kommunikation im Alltag, bei der Aufgabenverteilung oder der Gestaltung von Meetings und zeigt sich in der Haltung, mit der Verantwortung übernommen wird. 

„Ich sitze überwiegend im Rollstuhl, aber ich konnte lange Zeit laufen, erzählt Nora weiter. Deshalb kenne ich beide Seiten: die Sicht als Bewerbende auf zwei Beinen und im Rollstuhl. Betrete ich einen Raum im Rollstuhl läuft in den Köpfen der Anwesenden ein Film ab und plötzlich begegnet man mir ganz anders. Die Wahrnehmung verschiebt von den Kompetenzen und der Persönlichkeit hin zur Behinderung. Das passiert auch, wenn du intern aufsteigen willst. Mein Wunsch ist, hier mehr Selbstreflexion zu sehen. Denn: Die Tatsache, dass ich im Rollstuhl sitze, ist die uninteressanteste Sache an mir. Ein Teil, der zu mir gehört, wie meine Augenfarbe oder mein Alter.“ 

Während HR, Führungskräfte durch Schulungsmaßnahmen unterstützen kann, liegt die eigentliche Wirkung in der Führungspraxis. Nur wenn Führungskräfte Inklusion bewusst leben, wird sie vom Nischenthema zur gelebten Unternehmenskultur. 

„Ich sehe Inklusion nicht als Zusatz, sondern als strategischen Hebel. Nur wenn sie in der Führung verankert ist, kann sie nachhaltig wirken.“ 

Was wenn Gegenwind aufkommt?

Widerstände entstehen selten aus Ablehnung, sondern oft aus Unsicherheit. „Viele fürchten, etwas falsch zu machen und bleiben daher passiv“, erzählt Nora. Hier unterstützen wir Unternehmen: In unseren Trainings und Workshops schaffen wir Sicherheit durch echte Begegnungen mit Menschen mit Behinderungen.

 

"Inklusive Führung bedeutet nicht, auf Souveränität zu verzichten oder alle zufriedenstellen zu müssen. Es geht darum, informierte und bewusstere Entscheidungen zu treffen auf Basis vielfältiger Perspektiven. Das macht Führung wirksamer und Teams stärker.“ 

Wie bringt man die Theorie in die Praxis?

Inklusive Führung beginnt mit kleinen, bewussten Routinen im Recruiting, in Meetings und im Führungsalltag. 

  1. Im Recruiting: „Ich erinnere mich selbst daran, alle Bewerbungen mit offenem Blick zu sehen, nicht nur das, was mir ähnlich ist. Eine meiner wichtigsten Fragen im Interview lautet: Was brauchst du, um deinen Job gut zu machen?“
     
  2. In Meetings: Alle ansprechen, alle Stimmen sichtbar machen. „Manche äußern Ideen lieber im 1:1-Gespräch, das zu respektieren schafft Vertrauen.“ 
     
  3. Im Alltag: Feedback einholen, Entscheidungsprozesse transparent machen, Routinen hinterfragen. Schon kleine Veränderungen, prägen die Unternehmenskultur nachhaltig. 

Ist inklusive Führung messbar?

Neben quantitativen Kennzahlen wie Fluktuationsrate oder Diversität im Team helfen qualitative Indikatoren weiter: Kann ich hier ich selbst sein? Tools wie 360°-Feedbacks, Stimmungsbarometer oder dezidierte Fragen zu Diversität und Inklusion in Mitarbeiterbefragungen machen inklusive Führung sichtbar. 

Wer sich mit diesem Thema intensiver beschäftigen möchte, findet in unserem Whitepaper einen umfassenden Überblick zu relevanten Kennzahlen im Kontex Inklusion von Menschen mit Behinderungen in Unternehmen.

Fazit

Inklusive Führung beginnt mit Haltung und ist erlernbar. Unsere Trainings unterstützen Führungskräfte dabei, eigene Routinen zu reflektieren, inklusive Kommunikationskompetenzen aufzubauen und Barrieren im Führungsalltag abzubauen.
 

Alle Details zum Inclusive Leadership Fachtraining

 

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