Webinar Inklusive Sprache – Das Wort Behinderung tut nicht weh!

Sprache schafft Realität. Wie wir Sprache einsetzen, verändert unbewusst unsere Haltungen gegenüber Menschen mit Behinderungen. Diesem Thema widmete sich das myAbility Wirtschaftsforum in einem einstündigen Webinar und diskutierte mit Expert:innen, wie Sprache zur Inklusion und Exklusion von Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschafft beiträgt. Eine große Verantwortung tragen vor allem Unternehmen.

Behinderung? Beeinträchtigung? Disability? Woher kommt die große Verunsicherung, wenn wir über Behinderungen sprechen? Und wie nehme ich das Thema richtig in meine Unternehmenskommunikation auf? Darüber diskutierten drei ExpertInnen aus unterschiedlichen Perspektiven und kamen zum Ergebnis: Neben dem Inklusiven Wording kommt es vor allem auf den Kontext an, in dem Unternehmen das Thema Behinderung aufgreifen! 

Sprache schafft Realität

In einer Stimmungsumfrage unter den fast 300 teilnehmenden Unternehmensvertreter:innen sagten 64 Prozent: „Wenn ich über Behinderung spreche, dann bin ich sehr bedacht, achte darauf offen zu sein und nichts Falsches zu sagen.“ Dieses Ergebnis verwunderte Kommunikationswissenschaftlerin Heidemarie Egger vom Österreichischen Behindertenrat nicht. Die Verunsicherung komme vor allem von fehlenden Berührungspunkten und unterschiedlichen Grundhaltungen, die Sie in ihrem Input vorstellte:

  • Fürsorge Ansatz (veraltet): Menschen mit Behinderungen soll geholfen werden. Der Fokus liegt darin, eine bemitleidenswerte Minderheit zu unterstützen.
  • Medizinischer Ansatz (veraltet): Die Behinderung soll ausgeglichen werden. Der Fokus liegt auf der Anpassung an die „Norm“.
  • Sozialer Ansatz: Die Barrieren kommen von außen. Der Fokus liegt auf den Barrieren der Umwelt, nicht auf der Behinderung selbst.
  • Menschenrechtsbasierter Ansatz: Menschen mit und ohne Behinderungen haben die gleichen Rechte und Pflichten. Der Fokus liegt auf Chancengerechtigkeit.

Welchen persönlichen Zugang man zum Thema hat, drückt sich vor allem durch die Sprache aus. Aus gegenseitiger Perspektive trägt Sprache aber auch dazu bei, welche Haltung wir gegenüber Menschen mit Behinderungen haben.


„Sprache ebnet den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.“ Heidemarie Egger, Österreichischer Behindertenrat


Wie in anderen Themenbereichen, entwickelt sich auch hier das Wording stetig weiter. So war „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ lange Zeit eine sehr gängige Formulierung, die mittlerweile keine Verwendung mehr findet. Mehrfach festgehalten wurde, dass das Wort Behinderung selbst nicht negativ ist. Es komme vielmehr darauf an, wie man es verwendet. Um die Inklusion von Menschen mit Behinderung zu fördern sollte man sich daher in der Kommunikation folgende zentrale Fragen stellen:

  • Steht der Mensch oder die Behinderung im Vordergrund (People-First-Prinzip)?
  • Bedient die Kommunikation Klischees oder veraltete Ansätze (Fürsorge/Medizin)?
  • In welchem Kontext spreche ich über Behinderung?

Inklusive Kommunikation bedeutet eine Abbildung der Realität

Sprache bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, um uns auszudrücken. Janis McDavid gewährte Einblicke, wie er als internationaler Motivationsredner sein Publikum erreicht. Auch Provokation setzt er bewusst als Stilelemente in seinen Keynotes ein, hält aber fest: „Ich muss mir bewusst sein, in welcher Rolle ich über das Thema Behinderung spreche und wie ich es am Ende auflöse. Es macht einen Unterschied, ob man sich als Privatperson, als Interessensvertretung oder als Unternehmensvertretung zum Thema äußert.“ Vor allem Unternehmen müssen sich hier auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein.


„Inklusive Kommunikation bedeutet, dass Unternehmen das Thema Behinderung in ihre Kommunikation aufnehmen, auch wenn es gerade nicht um Menschen mit Behinderungen oder Barrierefreiheit geht.“ Julia Moser, myAbility 


Viele Unternehmen kennen bereits die Do’s and Don’ts und verwenden inklusives Wording aber sprechen nur über Behinderung, wenn es direkt um das Thema geht. So werden Kampagnen und Organisationen unterstützt, Mitarbeiter:innen mit Behinderung positiv hervorgehoben oder Initiativen für mehr Barrierefreiheit beworben. Diese Art der Kommunikation ist wichtig und gibt dem Thema wertvolle Sichtbarkeit. Von inklusiver Unternehmenskommunikation spricht man allerdings dann, wenn Behinderung auch in der Kommunikationsarbeit von Unternehmen Platz findet, ohne direkten Bezug zu Behinderung. Inklusive Kommunikation bedeutet eine Abbildung der Realität von Menschen mit und ohne Behinderungen, so die Unternehmensberaterin von myAbility. Als positives Beispiel wurden z. B. Werbungen genannt, bei denen ganz selbstverständlich Menschen mit Behinderungen zu sehen sind, die Behinderung selbst allerdings keine inhaltliche oder dramaturgische Rolle spielt.


„Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ist dann erreicht, wenn es zu einer grundsätzlichen Haltung wird.“ Janis McDavid, Speaker und Autor